Wir von borderline-europe leisten seit 2007 zivilen Widerstand gegen die europäische Migrations- und Grenzpolitik. Die Tatsache, dass Menschen auf der Flucht sterben, ist mittlerweile allgemein bekannt. Dass dies jedoch direkte Folge der europäischen Migrationspolitik ist und somit vermeidbar wäre, wird kaum thematisiert. Die Vielzahl von restriktiven Maßnahmen, mit welchen die europäischen Staaten sich abzuschotten versuchen, bezeichnen wir als EU-Grenzregime. Der Einfluss dieses Regimes erstreckt sich nicht nur auf das Innere der EU, sondern wirkt auch weit über die europäischen Außengrenzen hinaus und tötet immer mehr Menschen, die auf der Suche nach einem menschenwürdigen Leben sind. Sie fliehen vor der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen durch Kriege, Umweltkatastrophen, ungerechte Wirtschafts- und Handelsbedingungen. Sie fliehen vor den gewalttätigen und diskriminierenden gesellschaftlichen Verhältnissen in ihren Herkunftsländern, die oft eine direkte Folge des Kolonialismus sind. Die persönlichen Gründe sich auf diese Reise zu begeben sind vielfältig und es liegt nicht an uns darüber zu entscheiden, wer menschenwürdig leben, arbeiten und reisen darf. Daher halten wir es für notwendig, gleiche Rechte für alle Menschen durchzusetzen.
Die derzeitige europäische Migrations- und Grenzpolitik, welche mit der Gründung der europäischen Außengrenzschutzagentur FRONTEX 2005 eine neue Dimension erreichte, steht diesem Verständnis entgegen. Vor den Küsten der EU-Staaten Malta, Spanien, Zypern, Griechenland und Italien, und vor den Küsten Libyens, der Türkei und Tunesiens versuchen europäische Militärs, zum Teil gemeinsam mit dem Militär der Herkunftsländer der Flüchtenden, die Überfahrten zu verhindern und zu kriminalisieren. Menschen auf der Flucht sind jedoch zur irregulären Einreise über See gezwungen, weil es für sie schlicht keine legalen Einreisewege gibt. Damit haben viele von ihnen keine Chance, sich frei zu bewegen, was für Europäer*innen eine Selbstverständlichkeit ist.
Die derzeitigen, sogenannten Migrationspartnerschaften mit z.B. afrikanischen Staaten und der Türkei stellen nun einen weiteren Schritt zur Vervollständigung der europäischen Abschottungspolitik dar. Durch Migrationspartnerschaften werden Milliardenbeträge in Militarisierung, Technologisierung und die materielle Errichtung von Grenzen, Datenerhebung und Biometrisierung in Ländern außerhalb Europas investiert. Mit der Aufhebung des Schengener Abkommens und dem Ausbau von Grenzkontrollen, mit Zäunen und Abschiebungen, werden auch im Inneren Europas die Grenzen wiederaufgebaut. Der Versuch, Migrationsbewegungen international zu kontrollieren und aufzuhalten führt zu Menschenhandel, Vergewaltigungen, Zwangsarbeit, Folter und Tod.
Migration ist kein Verbrechen, wird jedoch in der öffentlichen Diskussion immer wieder als Bedrohung thematisiert. Zunehmend erleben wir ein politisches Klima, in welchem rassistische und diskriminierende Haltungen immer offener artikuliert werden und an gesellschaftlicher und politischer Zustimmung gewinnen.
Was wir tun
borderline-europe ist ein Verein mit Sitz in Berlin, Palermo und auf Lesbos. Einige von uns arbeiten hauptamtlich, andere ehrenamtlich. Wir alle haben unterschiedliche Erfahrungen und Expertisen und vereinen diese in unserer Arbeit. borderline-europe lebt von der Initiative, dem Austausch und dem Mitmachen aller. Unsere Arbeit ist vielfältig.
- Wir recherchieren und produzieren umfassende und zuverlässige Dokumentationen zu den Vorgängen in den Grenzregionen
- Wir arbeiten in transnationalen Netzwerken, bringen verschiedene Akteur*innen zusammen und unterstützen zivilgesellschaftliche und aktivistische Kooperationen
- Wir engagieren uns in direkten humanitären Interventionen
- Wir organisieren und unterstützen Proteste, Veranstaltungen und Aktionen in lokalen und transnationalen Kontexten
- Wir informieren Online auf unserer Webseite und den sozialen Medien über aktuelle Entwicklungen der EU Migrationspolitik
Unser Ziel hierbei ist die immer komplexer werdende Migrationspolitik und ihre Auswirkungen für eine breite Öffentlichkeit aufzubereiten. Wir wollen ein aktives, politisches und kritisches Bewusstsein schaffen, welches den rassistischen Strukturen und den tödlichen Konsequenzen der Abschottungspolitik entgegenwirken kann. Gegenüber der Gleichgültigkeit von Politik und Gesellschaft setzen wir ein Zeichen der Solidarität, denn menschenwürdige Lösungen lassen sich nur finden, wenn wir auch den Mut haben, uns der Realität zu stellen.
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